Tierschutz & Naturschutz

Rehkitze sollen nicht mehr „Mähopfer“ werden

Gerade jetzt im Frühjahr gibt es bei den meisten unserer heimischen Wildtiere Nachwuchs. Zum Schutz vor Fressfeinden verstecken Hasen, Rehe, bodenbrütende Vögel und andere Tiere ihre Kinder gern im hohen Gras. Durch den Einsatz von Landmaschinen bei der Frühjahrsmahd sind Rehkitze, Junghasen und Vogelküken in Bodennestern extrem gefährdet.

Foto: © Martina Berg
Foto: © Martina Berg

Rehkitze pressen sich in ihren ersten Lebenstagen bei Gefahr bewegungslos dicht an den Boden, statt zu fliehen. Dieser „Drückinstinkt“ schützt die Jungtiere wegen ihrer perfekten Tarnfarbe und der Tatsache, dass Kitze so gut wie keinen Eigengeruch haben vor ihren natürlichen Feinden wie Luchs, Wolf und Rotfuchs. Gegen eine motorisierte Mähmaschine hilft dieses angeborene Verhalten leider nicht – ganz im Gegenteil. Viele Rehkitze werden von den Mähwerken regelrecht „zerschreddert“ oder schwer verletzt und verstümmelt.

Bereits seit 2012 gibt es ein vom Bundeslandwirtschaftministerium gefördertes Projekt dessen Ziel es ist, die gefährdeten Jungtiere in Zukunft besser zu schützen. Hier arbeiten Landwirte, Industrie, Jäger und Tierschützer gemeinsam an neuen Methoden. Zur Zeit wird ein System zur Rehkitzrettung beim Mähen erarbeitet, das deutlich besser sein wird als bisherige Anwendungen. Die ersten Praxistests gibt es voraussichtlich noch in diesem Frühjahr.

Bis dahin sollten Landwirte und Jäger vor der ersten Mahd ihre Wiesen begehen – am besten mit entsprechend ausgebildeten Hunden – um eventuell versteckte Jungtiere auszuspüren. Dann ist es wichtig, die Elterntiere zu veranlassen, mit ihrem Nachwuchs die entsprechenden Wiesen zu verlassen.

Foto: © Martina Berg
Foto: © Martina Berg

Weitere Möglichkeiten, um die Verluste von jungen Wildtieren zu minimieren, sind besondere wildtierschonende Mähmethoden, bei denen die Mährichtung, die Schnitthöhe und der gewählte Mähzeitpunkt wesentliche Rollen spielen.

Scheinbar sind diese Apelle jetzt auch bei den Landwirten in meiner Heimat, dem nordlippischen Bergland im Osten Nordrhein-Westfalens, endlich angekommen. Ich habe erstmals gesehen, wie einer unserer Bauern einen Tag vor seiner geplanten Mahd zusammen mit einigen Helfern und zwei Hunden tatsächlich die gesamte Wiese intensiv abgesucht hat. Anschließend wurden auf der gesamten Fläche Pfähle mit flatternden Plastiktüten und lärmenden Dosen angebracht. Das sollte die Tiere von der Wiese fernhalten bevor die Mäharbeiten am kommenden Morgen anfingen.

Der Erfolg dieser Maßnahme: keine Verluste an Jungtieren, kein Blut und Fleischreste in der Mähmaschine. Und ein Landwirt mit gutem Gewissen und dem guten Gefühl, etwas für den Tierschutz vor Ort getan zu haben. Aber natürlich wäre auch dieser Bauer und seine Kollegen dankbar für technische Lösungen, die die zeit- und personalaufwändige Suche überflüssig machen würden. Ich hoffe, dass die Forschung bald praktikable Lösungen findet.

Das Video erläutert die Problematik während der Frühjahrsmahd und fasst die wesentlichen Projektergebnisse zusammen:

Ausführliche Informationen zum Projekt gibt es unter www.wildretter.de.

Martina Berg ist Chefin von Bogensport Deutschland. Sie schießt Blankbogen, ist DFBV-Trainerin und Autorin von Bogensport-Büchern. Als Fach-Händlerin kennt sie sich auch mit Compound- und Recurvebögen aus. Dies ist ihr Hobbyblog.